Warum fahren Menschen mit dem Nachtzug? Eine Studie liefert Antworten.
Unterschiedliche Nutzer:innen von Nachtzügen wurden systematisch befragt und liefern interessante Antworten.
In letzter Zeit wird in Blogs und Medien viel über Nachtzüge geschrieben. Nachtzüge liegen im Trend, obwohl es sie schon seit vielen Jahrzehnten gibt. Die Nachfrage steigt, und ganz langsam auch das Angebot. Aber warum entscheiden sich Menschen eigentlich, mit dem Nachtzug zu verreisen? Tiziano Gerosa und Francesca Cellina von der Fachhochschule Südschweiz haben dies einer Studie untersucht.
Particularly, little is known about current night train users: who are them and what are the motivations and factors behind their choice to use a night train? Answering these questions would allow to identify suggestions on how to best support policy- makers in their effort to consolidate and strengthen the demand for night train use.
Wer nutzt den Nachtzug
Die Studie hat die Nutzer:innen von Nachtzügen im Jahr 2022 mit einer Umfrage und Interviews befragt. Sie haben die Nutzenden in drei Kategorien eingeteilt:
Die «Pragmatischen» (42 % der Teilnehmenden)
Diese Gruppe wählt das Verkehrsmittel, das für sie am praktischsten ist. Sie achten stark auf den Preis und wählen tendenziell lieber Züge, die am Tag fahren. Die Wahl fiel bei ihnen häufig auf den Nachtzug, weil keine Flüge verfügbar waren oder diese deutlich teurer waren. Generell haben Personen dieser Gruppe häufig ein eigenes Auto und leben ausserhalb der grossen Städte.
Die «Grünen» (41 % der Teilnehmenden)
Diese Gruppe hat ein starkes Bewusstsein für Nachhaltigkeit. Sie nutzen im Alltag vielfach den öffentlichen Verkehr und haben kein eigenes Auto. Diese Personen fliegen nur selten. Nachtzüge als Verkehrsmittel sind in den Köpfen dieser Personen stark etabliert und werden deshalb häufig als Möglichkeit geprüft. Ihre Umweltbedenken treiben sie dazu, auf Flüge und Autofahrten zu verzichten, indem sie sogar ihre Reiseziele ändern oder ganz auf das Reisen verzichten.
Particularly, their concern for the environment drives them to try not to fly or drive, by even changing their destination or avoiding travelling.
Die «Dissonanten» (17% der Teilnehmenden)
Diese Gruppe ist besonders interessant. Diese Personen sind im Alltag häufig mit dem öffentlichen Verkehr bzw. ohne Auto unterwegs. Allerdings spielt es für sie bei längeren Strecken keine Rolle, ob sie das Flugzeug oder den Zug wählen. Es gibt also eine Dissonanz zwischen den Entscheidungen im Alltag und denen für Ferien und Reisen. Der Preis ist das entscheidende Kriterium für die Wahl des Verkehrsmittels. Diese neigt dazu, ihre Wahl des Fliegens durch Mechanismen zu rechtfertigen, die auf Formen der kognitiven Dissonanz zurückzuführen sind. Also zum Beispiel: «Ich fliege, aber ich nehme Economy-Tickets, weil das weniger co2 ausstösst».
Wie werden Nachtzüge attraktiver?
Der Grund, warum viele Menschen während und nach der Pandemie den Nachtzug gewählt haben, ist das zuverlässige Angebot. Während viele Flüge gestrichen wurden, sind Nachtzüge meist zuverlässig gefahren. Und schlussendlich sind die Preise ein wichtiger Faktor:
These results suggests that the large and unexpected increase registered in air ticket prices due to the pandemic and the rise of fuel prices have probably been a driving force in shifting their demand from flights to night trains.
Preise
Der Preis ist für viele Nutzer:innen das wichtigste Argument. Trotz des Trends zur Nachhaltigkeit entscheiden sich mehr als die Hälfte der Reisenden aufgrund des Preises und der Bequemlichkeit. Zu hoffen, dass Reisende in grosser Zahl wegen der Nachhaltigkeit bereit sind, einen enormen Aufpreis zu zahlen, wird in der Masse nicht funktionieren. Die Preiserhöhungen für den Nightjet dürfen hierzu auch nicht geholfen haben (die Studie wurde noch vor den Preiserhöhungen durchgeführt).
Angebot
Für viele Reisende, besonders in der Gruppe der «Grünen» ist das Angebot entscheidend. Sind Nachtverbindungen verfügbar, ist auch eine Bereitschaft da, diese zu nutzen. Die geplanten Ausbauten des Angebots (neue Strecken, mehr Plätze) sollen also vorangetrieben werden.
Kommunikation
Die Studie legt nahe, dass insbesondere für die Gruppen der «Pragmatischen» und der «Dissonanten» die Umweltvorteile von Nachtzügen zu wenig bekannt sind. Diese spielen zwar nicht die zentrale Rolle bei der Entscheidung, sind aber trotzdem ein Faktor. Die generelle Diskussion um die Qualität der Nachtzüge spielt hier sicher auch eine Rolle. Wenn Nachtzüge dafür bekannt sind, dass sie veraltet und unzuverlässig sind, hilft dies der Popularität sicher nicht.
Einfachheit der Buchung
Rasch und einfach gute Nachtzüge und die Preise dazu zu finden, macht die Buchung und Entscheidung für den Nachtzug einfacher. In der Studie wird dieser Faktor nur untergeordnet betrachtet, ich bin aber überzeugt, dass dies wichtig ist. Initiativen wie Nightride.com, aber auch ein besseres internationales Buchungsportal helfen hier auf jeden Fall.
Dies ist eine sehr kurze Zusammenfassung der umfassenden Studie. Ich empfehle sie uneingeschränkt zur Lektüre unter diesem Link.